Konzertreise an Rhein und Neckar 2015

(von Susanne Schneider)

 

Normalerweise beginnen unsere Reiseberichte mit der Abfahrt in Jena. Dieses Jahr muss jedoch weiter ausgeholt werden. Ungefähr zwei Wochen vor der Reise ereilte uns die Nachricht, dass unser Chorleiter Simon nicht mitkommen kann. Die Rettung nahte in Form von Cornelius, unserem Korrepetitor. Er hatte sowieso mitkommen wollen, fiel nun aber als Organist für die Zwischenspiele aus. Aber auch hierfür fand sich Ersatz in Johannes, der nun die Doppelaufgabe Singen und Orgel spielen hatte. Wir waren gespannt, wie es laufen würde, denn wir kannten Cornelius noch nicht so gut und er uns nicht.

Doch nun zum eigentlichen Reisebeginn:

Tag 1: 7. September 2015 – Fahrt nach Außerhalb

Wie schon im Vorjahr zu fast noch nachtschlafender Zeit sollte der Bus am Montag starten. Und er tat dies auch mit nur fünfminütiger Verspätung und nur geringen Verlusten. Eine Sängerin hatte so dermaßen verschlafen, dass die Abfahrtzeit für sie nicht mehr zu halten war. Aber glücklicherweise gab es auch automobile Konzertreisende, die erst später am Tag starten wollten. Nach staufreier Busfahrt kamen wir gegen Nachmittag am Gerhart-Hauptmann-Haus in Scharbach an, das bezeichnenderweise die Adresse „Außerhalb 1-3“ hatte. Ja, außerhalb lag es in der Tat, dafür aber umso idyllischer zwischen Hügeln, Wiesen, Apfelbäumen und Wäldern. Für unseren Busfahrer war es kein Problem, das richtige Haus zu finden, die autofahrenden Nachzügler landeten am Abend jedoch erstmal im Nachbarort Grasellenbach, wo es die Adresse „Außerhalb“ ebenfalls gibt. Das Haus selbst versprühte den Charme der 70er Jahre und wartete mit einigen speziellen Gadgets auf: einer riesigen Kippbratpfanne und einer Haussprechanlage. Der ebenfalls vorhandene Kickertisch wurde gleich kurz nach der Ankunft in Beschlag genommen.

Tag 2: 8. September 2015 – Mainz

Mann gießt, auf einem Tisch sitzend, zwei weiteren Männern Schnaps ein, im Hintergrund kleine Gruppen sich unterhaltender Personen

Verflüssigte Völkerverständigung

Der Dienstag begann mit einer vormittäglichen Probe, denn Chor und Cornelius mussten sich noch aufeinander einspielen (was auch im Laufe der Woche immer besser gelang). Vielleicht war es da ganz gut, dass Cornelius nicht gleich bei seinem ersten Konzert mit uns die ganze Last allein schultern musste, sondern sich die Bühne bzw. den Altarraum mit einem zweiten Chor und einem zweiten Chorleiter teilen konnte. Ehemalige Sänger des Studentenchors, die es alle nach Mainz und dort in denselben Chor verschlagen hatte, hatten ein Gemeinschaftskonzert von Studentenchor und convivium musicum mainz in der Altmünsterkirche Mainz organisiert. Die Kirche hatte einen eher trockenen Klang, das Konzert war nur mäßig besucht, aber es machte uns trotzdem Spaß und für den Anfang darf man auch nicht zu viel erwarten, es muss ja noch Steigerungsmöglichkeiten geben. Damit nach dem Konzert nicht beide Chöre sang- und klanglos wieder auseinander gehen, ohne viel mehr als nur ein paar Töne miteinander gewechselt zu haben, gab es im Gemeindesaal unter der Kirche die Möglichkeit, bei Pizza, alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken und am menschenverbindenden Kickertisch miteinander ins Gespräch zu kommen. Bis kurz vor Mitternacht blieben wir so zusammen und beim anschließenden Warten auf unseren Bus fanden sich sogar abseits des vorbereiteten Konzertrepertoires Stücke, die Mitglieder beider Chöre gemeinsam schmettern konnten, sehr zum Missfallen einiger Anwohner.

Tag 3: 9. September 2015 – Wiesloch

Da für den Mittwochvormittag keine Probe auf dem Plan stand, konnten wir die Zeit nutzen, uns von der späten Heimkehr zu erholen. Manch einer schloss sich auch der kleinen Wanderung zu einem nahegelegenen, schon längst stillgelegten Steinbruch mit spontanem telefonischem Geburtstagsständchen für die Mutter eines Chormitglieds an. Nach dem Mittag fuhr der Bus Richtung Wiesloch. Christina, die aus Wiesloch stammt und uns das dortige Konzert in der Laurentiuskirche vermittelt hatte, ließ es sich natürlich nicht nehmen, uns persönlich eine kleine Stadtführung angedeihen zu lassen, vorbei an Stehkragen, Bertha Benz und den großen Wieslocher Blumen. Der Vermittlung und Werbung von Christina und ihrer Familie war es wohl auch zu verdanken, dass wir unsere Zuhörerzahl im Vergleich zum Vortag um ein Vielfaches steigern konnten (140 Leute) und außerdem den absoluten Spendenrekord dieser Reise erreichten (1000 €!). Christinas Familie war es dann auch, die uns nach dem Konzert in ihren großen Garten einlud, der mit stimmungsvollem Fackellicht und reich gedeckten Tischen auf uns wartete. Am emotionalsten war wohl das Ständchen für Christinas Großmutter, die das Konzert leider nicht hatte besuchen können und die sich noch jetzt, Monate später, daran erinnern kann, obwohl sie sonst schon ziemlich viel vergisst.

Tag 4: 10. September 2015 – Felsenmeer oder Faulenzen?

Eimer voll mit leeren Eierschalen

Was vom Frühstück übrig blieb

Sechs Personen beim Kreistanz, sich schnell im Kreis drehend

Opšaj diri diri dir

Auch der Donnerstag startete entspannt – mit Pfannkuchenfrühstück und Apfelkompott. Die Äpfel dazu hatten wir auf der Hinreise bei einer der letzten vom Busfahrer einzuhaltenden Fahrpausen gesammelt. Danach teilte sich die Gruppe. Etliche schlossen sich dem Ausflug zum Felsenmeer Lautertal an, die anderen machten entweder Yoga mit Lucas, faulenzten in der Sonne oder mussten tatsächlich für die Uni arbeiten. Sowas soll’s auch im Urlaub geben. Für den Abend war das schon konzertreisentraditionelle Grillen geplant, wovon uns auch die Tatsache nicht abhielt, dass wir ja erst am Vorabend gegrillt hatten. Man gönnt sich ja sonst nichts. Schon am Nachmittag begann sich die gewiss nicht kleine Küche zu füllen, denn fast alle versuchten sich allein oder zu mehreren an einem Beitrag für das schlussendlich wirklich üppige Büffet. Erwartungsgemäß konnte dann auch nicht alles aufgegessen werden, auch wenn es lecker war und wir uns redlich bemühten (dafür konnten wir dann auch in den nächsten Tagen noch von den Resten zehren). Nach nur kurzer Verdauungspause baten Christoph, Christina und Jürgen im Gemeinschafts- und Probenraum zum Tanz, genauer gesagt zum Volkstanz (natürlich mit dem Klassiker „Opšaj diri“). Wer sich dann noch nicht genug verausgabt hatte, konnte anschließend zu Electro-Swing-Klängen weiter tanzen. Für die richtige Discostimmung sorgte eine Lichtmaschine, die Lucas mitgebracht hatte.

Tag 5: 11. September 2015 – Worms

Nach Worms starteten wir am Freitag verhältnismäßig früh, zumindest schon vor dem Mittagessen, denn diesmal sollte mehr Zeit sein, sich eine Konzertstadt anzuschauen. Eine gute Entscheidung, denn in Worms gibt es viel zu sehen. Die Einfahrt in die Stadt führte uns unter dem Nibelungenturm hindurch, die dort untergebrachte Herberge hatte ganz am Anfang der Reiseplanungen auch mal auf der Liste der möglichen Unterkünfte gestanden. Noch gemeinsam starteten wir im Wormser Dom mit einem kleinen Gesang, gefolgt von weiteren Werbungsgesangseinlagen in der Dreifaltigkeitskirche und der Fußgängerzone. Danach hatten wir vier Stunden Zeit für individuelle Stadtbesichtigung. In kleinen Grüppchen und unterschiedlichen Tempi zogen wir los und begegneten uns doch immer wieder an den touristischen Knotenpunkten wie dem jüdischen Friedhof, dem Lutherdenkmal und der Synagoge. Das Konzert war ganz gut besucht, mehrere der zuhörenden Gesichter vom nachmittäglichen Werbungssingen erkannten wir hier wieder. Obwohl die Martinskirche, ein wunderschöner romanischer Bau, sehr hallig wirkte, bezeichnete unser Tonmeister Johannes doch im Nachhinein das dortige Konzert als das beste: bester Gesang, beste Akustik, beste Orgel. In der beginnenden Dämmerung schafften wir es gerade noch, ein paar Gruppenfotos im hübsch mit Blumen und Büschen arrangierten Innenhof hinter der Kirche zu machen. Das Abendessen gab es in Form von Schnittchen im Bus auf der Rückfahrt – zur Abwechslung mal nichts Gegrilltes. Aber ohne Feuer ging es auch an diesem Abend nicht. Wir konnten doch die Lagerfeuerstelle hinter dem Haus nicht ungenutzt lassen. Während die einen noch den Teig für Stockbrot ansetzten und nach passenden Stöcken suchten, hatten die anderen schon das Feuer entfacht und ihre Instrumente (zwei Gitarren, eine Querflöte, eine Geige) geholt und verkürzten uns die Wartezeit auf das fertig gebackene Stockbrot mit Musik.

Tag 6: 12. September 2015 – Heidelberg

Chor in Konzertkleidung, verteilt stehend auf einem Altar, der einer Showtreppe ähnelt

It’s showtime!

Auch für das Samstagskonzert hatten wir uns eine Stadt ausgesucht, die zu ausgiebigem Sightseeing einlädt. Vier Stunden für Worms waren schon nicht viel, Heidelberg in drei Stunden noch viel weniger zu schaffen. Das Werbungssingen kam vielleicht aus diesem Grund zu kurz. Und als wir uns am Nachmittag vor der Friedenskirche in Handschuhsheim trafen, war vielen der Besichtigungsmarathon anzusehen. Neben körperlicher Verausgabung kam noch die Akustik der Kirche erschwerend für das Konzert hinzu. Obwohl die Stimmgruppen die ganze Zeit gemischt standen, war es ziemlich schwer, sich selbst und die anderen Stimmen zu hören. Das Konzert in Heidelberg zählt deshalb wohl nicht unbedingt zu den besten der Reise, aber dafür konnten wir in einer einmaligen Kirche singen, deren Altarraum wie eine Showtreppe gestaltet ist. Probleme, Cornelius dirigieren zu sehen, hatte so definitiv keiner. Es dämmerte schon, als wir im Anschluss mit Kühltaschen bewaffnet zum Philosophenweg spazierten und uns mit Blick auf die sich langsam erleuchtende Stadt einmal mehr mit Schnittchen verköstigten.

Tag 7: 13. September 2015 – Darmstadt

Viel zu schnell kam der Sonntag und damit das Ende der Konzertreise. Nachdem wir unsere Sachen gepackt, die Zimmer geräumt und das Haus sauber gemacht hatten, bestiegen wir den Bus und warfen, während dieser sich die Straße ins Tal hinunter schlängelte, einen letzten Blick auf unser schönes Domizil der letzten Woche. Die Rückfahrt nach Jena wurde in Darmstadt noch einmal unterbrochen, wo wir unser letztes Konzert geben wollten. Ein letztes Mal einsingen, ein letztes Mal Konzertkleidung anziehen, dazwischen Pizza auf der Empore und ein Wiedersehen mit unserer ehemaligen Chorleiterin Ines, die nun in Darmstadt lebt und arbeitet. Ob es an unserer mangelnden Werbung lag oder am Sonntagnachmittag, kann keiner sagen, jedenfalls gaben wir in Darmstadt unser am schlechtesten besuchtes Konzert der ganzen Reise. Dafür hörte uns zum ersten Mal auch unser Busfahrer zu. Dieser war uns die Woche über schon zum unersetzlichen Gefährten geworden, erwarb sich unsere letzte Hochachtung jedoch durch ein schier unmöglich scheinendes Manöver in der am dichtesten zugeparkten Parkplatzausfahrt ever. Unsere Männer hatten schon angeboten, das eine oder andere Auto ein Stück zur Seite zu tragen, aber unser Busfahrer winkte nur ab und lenkte uns in Millimeterarbeit vom Parkplatz runter. Kurz bevor wir Jena erreichten, gab es dann noch eine Versteigerung aller übrig gebliebenen Lebensmittel.

Danksagung

Eine Reise steht und fällt mit den Menschen, die sie planen und gestalten. Besonderer Dank für diese gelungene Reise geht an: Christina, die als „Hutmensch“ die Übersicht über die Organisation hatte und auch selbst viel organisierte, den Kontakt zur Herberge und zu den Kirchen hielt und und und. Cornelius, der die ihm plötzlich zufallende Rolle des Chorleiters mit viel Engagement, wachsendem Selbstvertrauen und der Fähigkeit, den Chor zu motivieren und zu begeistern, wunderbar ausfüllte. Johannes, der plötzlich nicht mehr nur Sänger und Tonmeister war, sondern auch noch Organist. Robert, der uns als Herr über die Küche mehr als einmal lecker bekochte und es schaffte, dass nicht die ganze Küchenarbeit an einigen wenigen hängen blieb.

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